26.09.2023 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Stiftung Warentest.
Jeder kann einfach Strom erzeugen und sofort direkt verbrauchen – das versprechen Balkon-Solaranlagen. Diese kleinen Photovoltaik-Module ab einer Größe von zwei Fußabstreifern werden an die Steckdose gestöpselt, weshalb sie auch Stecker-Solargeräte heißen. Ein Balkonkraftwerk mit 600 Watt oder 300 Watt war früher im Verhältnis zu seiner gelieferten Leistung sehr teuer. Inzwischen sind die Preise für Plug-in-Anlagen gesunken.
300-Watt-Module einer Größe von 1 mal 1,7 Metern kosten laut Verbraucherzentrale 350 bis 500 Euro, samt Wechselrichter, der dann den Gleichstrom der Solaranlage in 240-Volt-Wechselstrom für Haushaltsgeräte verwandelt. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Kosten von rund 100 Euro für die Montage. Die Verbraucherzentrale schreibt: „Ein 300-Watt-Solarmodul, das verschattungsfrei an einem Südbalkon montiert wurde, liefert etwa 200 Kilowattstunden Strom pro Jahr.“ Bei einer Laufzeit von 20 Jahren wären das 4 000 Kilowattstunden Strom. Die Kilowattstunde (kWh) kostet bei einem Kaufpreis von 350 Euro mithin 8,75 Cent. Wenn noch 100 Euro Anfangskosten für die Elektroinstallation hinzukommen (siehe unten), steigt der Preis pro Kilowattstunde auf gut 11 Cent. Eine Kilowattstunde aus dem Stromnetz kostet hingegen derzeit typischerweise mehr als 30 Cent. Klingt lohnend. Wo liegen die Fallstricke?
Den besten Ertrag liefern Module auf einem unverschatteten Südseitenbalkon, einem Garagendach, Rasenstück oder auch einer Gartenmauer. Viele stellen sie auch auf ein flaches oder leicht geneigtes Hausdach. Dann sind sie von der Straße aus meist nicht zu sehen. Um die Sonne ganzjährig gut nutzen zu können, sollten die Paneele zudem nach Süden geneigt sein – der Winkel zum Horizont sollte zirka 30 bis 40 Grad betragen. Ist der Standort verschattet oder das Modul nicht optimal ausgerichtet, sinkt der Ertrag. Weil die Anschaffungskosten fix sind, steigen die Kosten pro tatsächlich „geernteter“ Kilowattstunde schnell auf über 10 Cent.
Tipp: Sie wollen wissen, wie Sie die Sonne am besten nutzen? Erwägen, mit Sonnenenergie zu heizen? Oder wollen Ihre Photovoltaik-Anlage versichern? Auf unserer Themenseite Solaranlagen finden Sie viele Tests und Infos.
Strom für den Eigenverbrauch zu erzeugen ergibt finanziell nur dann Sinn, wenn der Produzent möglichst viel davon selbst verbraucht. Und wie sieht es aus mit einem Balkonkraftwerk mit Speicher, um den Eigenverbrauch zu erhöhen? Ein Stromspeicher als Puffer lohnt sich bei solch kleinen Anlagen nicht – weder finanziell noch für die Umwelt. Er hätte zum Beispiel in den Wintermonaten, wenn die Anlage wenig bringt und der Eigenverbrauch – etwa für Beleuchtung – hoch ist, kaum etwas zu speichern.
Tipp: Prüfen Sie deshalb, ob Sie tagsüber oft gleichmäßig hohen Stromverbrauch haben. Denn nur dann können Sie den selbst erzeugten Strom auch verbrauchen. Zum Vergleich: Eine Kühl-Gefrier-Kombi verbraucht etwa 100 Watt, solange der Kompressor läuft. Ein WLan-Router im Schnitt 10 Watt, ein 40-Zoll-Fernseher 50 bis 80 Watt im Betrieb, ein Akku-Ladegerät für E-Bikes etwa 1 000 Watt, Waschmaschinen je nach Betriebsart bis zu 2 000 Watt.
Rechenbeispiel: Nehmen wir an, ein 300-Watt-Solarmodul bringt jährlich 200 Kilowattstunden, von denen Sie ein Drittel selbst verbrauchen. Die Ersparnis liegt also bei 66 kWh à 32 Cent, das macht etwa 21 Euro pro Jahr. Dem stehen Kosten von rund 350 Euro für das 300-Watt-Modul gegenüber. Nach knapp 17 Jahren wäre die Investition also wieder drin. Photovoltaik-Anlagen laufen zum Glück aber oft weit länger als 20 Jahre. Zudem ist die Amortisationszeit deutlich kürzer, wenn der Eigenverbrauch entsprechend höher ist.
Der Stromzähler im Haushalt muss eine Rücklaufsperre haben. Althergebrachte Zähler mit dem drehenden Messrad laufen rückwärts, wenn im Haushalt mehr Strom erzeugt als verbraucht wird. Ein rückwärts laufender Zähler käme einer Urkundenfälschung gleich. Denn mit dem Stromzähler ermittelt der Stromversorger den gelieferten Strom und daraus den Rechnungsbetrag. Die Rücklaufsperre ist an einem Symbol auf dem Zähler zu erkennen (siehe Foto), einem Zahnrad mit Sperre.
Moderne digitale Zähler laufen ohnehin nicht rückwärts. Wer offiziell Strom ins Netz liefern will, braucht einen Zähler, der in beide Richtungen separat messen kann – so dass nachvollziehbar ist, wie viel Strom der Verbraucher aus dem Stromnetz bezogen und wie viel er ins Stromnetz geliefert hat. Das muss aber angemeldet werden – mit dem entsprechenden bürokratischen Aufwand. Die kleinen Stecker-Solargeräte sind daher eher für den Eigenverbrauch gedacht. Wird ein neuer Stromzähler mit Rücklaufsperre benötigt, hängt es vom jeweiligen Netzbetreiber ab, ob und welche Kosten anfallen. Wenn bei einem digitalen oder einem Zähler mit Rücklaufsperre Strom ins Netz fließt, dann wird dieser Strom nicht vergütet.
Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin bietet einen praktischen Rechner, den Stecker-Solar-Simulator. Dem Onlinetool liegt eine Datenbank zugrunde, die Solarmodul-Leistungen, Sonneneinstrahlung für verschiedene Himmelsrichtungen und den Stromverbrauch bestimmter Haushaltsgrößen erfasst. Mithilfe einfacher Schieberegler kann jeder potenzielle Nutzer zum Beispiel Wohnungsgröße, Balkonausrichtung und Zahl der Personen im Haushalt eingeben und erhält dann den Grad der Selbstversorgung und die Einnahmen in zehn Jahren Betrieb. Laut einer Umfrage der HTW sind die kleinen Steckeranlagen ein Boomsegment, im Jahr 2021 wurden fast doppelt so viele Anlagen installiert wie im Jahr zuvor.
Optimal nach Süden ausgerichtete Solaranlagen erzeugen über den Tag verteilt morgens erst wenig Strom, dann bis Mittag immer mehr, ehe ihre Leistung wieder absinkt. Privathaushalte haben aber morgens und abends oft den höchsten Verbrauch, nicht mittags. Emsige Nutzer richten ihre Module daher nach Osten und nach Westen aus. So ist ein Teil der Anlage schon bei Sonnenaufgang produktiv, während der andere in den Abendstunden mehr erbringt. Der Süden bleibt frei. Die Investitionssumme ist damit freilich doppelt so hoch. Im Gegenzug steigt aber der verbrauchte Eigenstromanteil. Allerdings muss hier über einen geeigneten Wechselrichter (der verwandelt den Gleichstrom aus den PV-Modulen in für Elektrogeräte nutzbaren 230-Volt-Wechselstrom) sichergestellt sein, dass die Ausgangsleistung bei 600 Watt gedeckelt wird.
Wer einen Modulwechselrichter installiert, der über den vorgeschriebenen Netz- und Anlagenschutz verfügt, braucht laut der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie keinen Wieland-Stecker. Ein handelsüblicher Schuko-Stecker reicht (siehe oben, Checkliste).
Neben den üblichen Modulen mit Glasabdeckung und Metallrahmen sind inzwischen sehr viel leichtere und einfacher zu montierende Folienmodule auf dem Markt. Diese bringen allerdings pro Fläche weniger Leistung.
Bild: Pixabay (Pexels, Pexels Lizenz)
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