19.03.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Die Ursachen der Verdienstlücke sind vielfältig und wurden stellenweise statistisch noch nicht ausreichend untersucht. Um die Bewertungen und Bezahlungen weiblicher Erwerbsarbeit statistisch kritisch zu hinterfragen, haben die Forscherinnen von IAQ und WSI in Anlehnung an ein geschlechtsneutrales Arbeitsbewertungsverfahren (Paarvergleich aus dem eg-check) den „Comparable Worth-Index“ (CW) entwickelt, der bei der Arbeitsbewertung nicht nur Wissen und Können erfasst, sondern z.B. auch Verantwortung für Andere oder psycho-soziale und physische Arbeitsanforderungen berücksichtigt. Der „CW-Index“ ist ein Messinstrument, mit dem statistisch die Anforderungen und Belastungen in Berufen geschlechtsneutral verglichen werden können.
Die Analysen zeigen, dass insgesamt die Anforderungen und Belastungen in „Frauenberufen“ geringer entlohnt werden als in „Männerberufen“ und auch die Arbeitsleistung von Frauen im Allgemeinen geringer honoriert wird als die von Männern. „Hier können wir erstmals statistisch nachweisen, dass weibliche Erwerbsarbeit von systematischen Abwertungen betroffen ist, d.h. gemessen an ihren Anforderungen und Belastungen vergleichsweise geringer entlohnt wird als männliche Erwerbsarbeit“, stellt die IAQ-Forscherin Sarah Lillemeier fest. Keine Regel ohne Ausnahme: Es gibt 2 „Männerberufe“ (Kraftfahrzeugführer, Lkw- und Busfahrer), die im Vergleich mit gleichwertigen „Frauenberufen“ geringer entlohnt werden.
Tendenziell nimmt die Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern mit denselben oder vergleichbaren beruflichen Anforderungen und Belastungen mit steigendem Anforderungsniveau zu. Die Tarifbindung der Beschäftigten verringert Unterschiede: „Wer tariflich entlohnt wird, ist meist besser dran. Denn dann fallen die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern bei gleichen oder gleichwertigen beruflichen Anforderungen und Belastungen deutlich geringer aus“, stellt Dr. Christina Klenner vom WSI fest.
„Die Leistungen von Frauen und Männern sowie in „Frauen“- und „Männerberufen“ werden am Arbeitsmarkt nicht gleichermaßen honoriert“, kritisieren die Forscherinnen und weisen darauf hin, dass dieses Ergebnis nur schwer zu vereinbaren ist mit dem gesellschaftlich vorherrschenden Legitimationsprinzip der Leistungsgerechtigkeit. Dabei bestätigt sich die These der bestehenden Abwertung weiblicher Erwerbarbeit („Devaluationshypothese“) auch unter Berücksichtigung weiterer verdienstrelevanter Faktoren, wie beispielsweise der Arbeitszeit, der Berufserfahrung, der Tarifbindung und der Branchenzugehörigkeit der Beschäftigten. Unter Kontrolle dieser Faktoren führt die Zunahme der beruflichen Anforderungen und Belastungen (der CW-Index steigt um eine Einheit) zu je einem Verdienstzuwachs von mehr als 6 Prozent bei den Männern und weniger als 5 Prozent bei den Frauen.
In vielen weiblich dominierten Bereichen wie Erziehung und Pflege sind die beruflichen Anforderungen und Belastungen vergleichsweise hoch, gleichzeitig fallen die Verdienste dort geringer aus. Legt man den „CW-Index“ als Maßstab an, haben die Beschäftigten in der größtenteils von Frauen ausgeübten Altenpflege vergleichbar hohe Anforderungen und Belastungen zu bewältigen wie die in den männlich dominierten IT- und Technikberufen. Allerdings bekommen die Beschäftigten in der Altenpflege durchschnittlich nur 14,42 Euro pro Arbeitsstunde und die Beschäftigten im Technik- und IT-Bereich zwischen 25,72 Euro und 27,92 Euro. „Hier gibt es einen ganz zentralen politischen Handlungsbedarf, der insbesondere die Aufwertung der gesellschaftlich hoch relevanten personennahen Dienstleistungen zum Ziel haben sollte“, fordert IAQ-Direktorin Prof. Dr. Ute Klammer.
Weitere Informationen:
Basisdaten zur Entgeltungleichheit finden Sie im WSI-GenderDatenPortal
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