04.11.2024 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: IBR Immobilien & Baurecht.
BGB § 362 Abs. 1; DSGVO Art. 4 Nr. 11, Art. 7 Abs. 3, Art. 15 Abs. 1, Art. 17, Art. 82 Abs. 1
Die Kläger begehren von der Beklagten Auskunft sowie Schadensersatz aus einem behaupteten Datenschutzverstoß.
Die Kläger sind Mieter der Doppelhaushälfte ..., mit deren Verkauf die Beklagte von den Eigentümern beauftragt wurde. In Vorbereitung des Verkaufs der Immobilie wurden in einem mit den Klägern abgesprochenen Termin am 11.08.2022 und im Beisein derselben von den Innenräumlichkeiten Lichtbildaufnahmen durch Mitarbeiter der Beklagten gefertigt, die nachfolgend unter einer entsprechenden Verkaufsanzeige auf der Internetseite "I. ..." veröffentlicht wurden sowie Eingang in ein ausgedrucktes Exposé fanden, das Kaufinteressenten im Rahmen von Besichtigungsterminen ausgehändigt wurde. Nach Veröffentlichung der Verkaufsanzeige mit den entsprechenden Lichtbildaufnahmen wurde die Klägerin von ihr teilweise bekannten, teilweise unbekannten Personen auf die Fotos und ihre Wohnräumlichkeiten angesprochen, weshalb die Kläger sich nunmehr demaskiert fühlen und ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins entstanden sei. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 12.01.2023 wurden daher zunächst die Eigentümer, mit Schreiben vom 13.02.2023 sodann auch die Beklagte zur Auskunft über die Speicherung der von den Innenräumlichkeiten gefertigten Lichtbildaufnahmen sowie zur Vorlage einer Einwilligungserklärung in die Erstellung der Lichtbildaufnahmen durch die Kläger aufgefordert. Die Beklagte wurde zudem unter Fristsetzung bis zum 24.02.2023 zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 659,74 Euro aufgefordert. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 03.03.2023 wies die Beklagte die klägerischen Ansprüche unter Hinweis auf eine sofortige Löschung der Lichtbildaufnahmen zurück.
Die Kläger behaupten, die Beklagte habe die streitgegenständlichen Lichtbildaufnahmen ohne eine entsprechende Einwilligung ihrerseits gefertigt. Aufgrund der Veröffentlichung der Fotos und der damit einhergehenden Demaskierung sei ein immaterieller Schaden für die Kläger entstanden, der durch die alleinige Löschung der Fotos nicht kompensiert werden könne. Die Beklagte sei mithin neben zu erteilender Auskunft zur Zahlung eines entsprechenden Schmerzensgeldes verpflichtet.
Die Kläger beantragen mit der der Beklagten am 25.10.2023 zugestellten Klage,
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Kläger hätten ihre Einwilligung in die Fertigung von Lichtbildaufnahmen erklärt. Nach Eingang des Schreibens vom 12.01.2023 wären sämtliche Lichtbildaufnahmen umgehend gelöscht worden; Kopien würden nicht existieren. Auskunft sei daher vollumfänglich erteilt worden. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger bestünde infolge Einwilligung nicht.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2024 Bezug genommen. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf alle gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den gesamten übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Auskunftserteilung sowie Erteilung von Fotokopien, noch einen Anspruch auf Schadensersatz.
1. Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auskunftserteilung nach Art. 15 Abs. 1 DS-GVO, da die Beklagte mit dem als Anlage K2 zur Akte gelangten Schreiben vom 03.03.2023 sowie der Klageerwiderung vom 21.11.2023 eine Negativauskunft dahingehend erteilt hat, dass nach Löschung der streitgegenständlichen Lichtbildaufnahmen von den Innenräumlichkeiten der von den Klägern bewohnten Immobilie keine Daten der Kläger mehr gespeichert werden, weshalb hinsichtlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung (Klageanträge Ziff. 1. bis 5.) gemäß § 362 Abs. 1 BGB Erfüllung eingetreten ist.
Der Erfüllung des Anspruchs steht dabei nicht entgegen, dass es sich nach Auffassung der Kläger um eine unrichtige Auskunft der Beklagten handelt.
Erfüllt im Sinne des § 362 Abs. 1 BGB ist ein Auskunftsanspruch grundsätzlich dann, wenn die Angaben nach dem erklärten Willen des Schuldners die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang darstellen. Wird die Auskunft in dieser Form erteilt, steht ihre etwaige inhaltliche Unrichtigkeit einer Erfüllung nicht entgegen. Der Verdacht, dass die erteilte Auskunft unvollständig oder unrichtig ist, kann einen Anspruch auf Auskunft in weitergehendem Umfang nicht begründen. Wesentlich für die Erfüllung des Auskunftsanspruchs ist daher die - gegebenenfalls konkludente - Erklärung des Auskunftsschuldners, dass die Auskunft vollständig ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.06.2021, Az. VI ZR 576/18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.2023, Az. 16 U 154/21).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Aus dem schriftsätzlichen Vorbringen der Beklagten, insbesondere der Klageerwiderung der Beklagten vom 21.11.2023, lässt sich ihr Wille entnehmen, dass es sich der erteilten Auskunft um die Auskunft im geschuldeten Gesamtumfang handelt und diese vollständig ist. Dabei kann auch bereits nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DS-GVO eine Negativauskunft wie im vorliegenden Fall eine entsprechende Auskunft darstellen (Steinrötter, in: Beck OK IT-Recht, 13. Edition, Stand: 01.01.2023, Art. 15 DS-GVO Rn. 14; Franck, in: Gola/Heckmann, DS-GVO, 3. Aufl. 2022, Art. 15 Rn. 5 f.).
Von der Erfüllung des Anspruchs sind hierbei nicht nur die Anträge der Kläger zu Ziffer 1., 3. und 4. erfasst, sondern auch die Anträge zu Ziff. 2., 4. lit. a) bis g) sowie der Antrag zu Ziff. 5., da die Beklagte durch die Negativauskunft zum Ausdruck gebracht hat, dass sie nur die Auskunft des Art. 15 Abs. 1 Hs. 1 DS-GVO mit dem Inhalt schuldet, dass keine personenbezogenen Daten des Klägers bei der Beklagten verarbeitet werden (Bienemann, in: Sydow/Marsch, DS-GVO, 3. Aufl. 2022, Art. 15 Rn. 23 m.w.N.).
2. Die Kläger haben darüber hinaus keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 1.000,00 Euro gemäß Art. 82 Abs. 1 DS-GVO (Klageantrag zu Ziff. 6.).
Zwar hat nach Art. 82 Abs. 1 DS-GVO jede Person einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter, wenn dieser gegen die Vorschriften der DS-GVO verstoßen haben sollte. Für die Begründung eines solchen Anspruchs durch Art. 82 Abs. 1 DSGVO bedarf es zum einen eines einschlägigen Verstoßes gegen die Verordnung, dies genügt aber nicht, sondern es muss auch ein konkreter immaterieller Schaden dargelegt und bewiesen werden.
Vorliegend lässt sich zwar ein Verstoß gegen die Vorschriften der DS-GVO feststellen, dieser ist jedoch für den behaupteten immateriellen Schaden der Kläger nicht kausal geworden. Im Übrigen fehlt es auch an der Darlegung eines tatsächlich entstandenen immateriellen Schadens der Kläger.
a) Die Beklagte hat vorliegend ausschließlich gegen Art. 7 Abs. 3 S. 3 DS-GVO verstoßen; weitere Verstöße liegen nicht vor.
(1) Die Beklagte hat zunächst nicht gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a) DS-GVO i.V.m. Art. 7 Abs. 1 DS-GVO verstoßen, da die Kläger wirksam in die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, namentlich die Fertigung von Lichtbildaufnahmen vom Inneren der von den Klägern bewohnten Immobilie eingewilligt haben und der Verstoß gegen Art. 7 Abs. 3 S. 3 DS-GVO rückwirkend nicht zur Unwirksamkeit der von den Klägern erteilten Einwilligung führt.
Die Einwilligung in die Fertigung der Lichtbildaufnahmen vom Innenbereich der streitgegenständlichen Immobilie haben die Kläger zunächst entsprechend den Vorgaben von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 lit. a) DS-GVO erteilt.
Unter einer Einwilligung im Sinne der DS-GVO ist nach Art. 4 Nr. 11 DS-GVO jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutig bestätigenden Handlung zu verstehen, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist. Die Erteilung einer Einwilligung muss dabei weder schriftlich noch ausdrücklich erfolgen; vielmehr kann diese bereits nach dem Wortlaut von Art. 4 Nr. 11 DS-GVO auch durch eine sonstige eindeutig bestätigende Handlung, also konkludent, erfolgen (s. Steinrötter, in: BeckOK IT-Recht, 13. Edition, Stand: 01.07.2023, Art. 7 DS-GVO Rn. 10 f.). Sie muss allerdings für einen bestimmten Fall, zeitlich vor der Datenverarbeitung erfolgen und muss durch den Einwilligenden in informierter Weise abgegeben werden, wobei auf einen durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Nutzer abzustellen ist (Steinrötter, a.a.O., Rn. 12).
Eine dementsprechende Einwilligung haben die Kläger vorliegend erteilt. Sie haben die Mitarbeiter der Beklagten in die von ihnen bewohnte Immobilie eingelassen, damit diese Lichtbildaufnahmen von den Innenräumlichkeiten fertigen können. Damit haben sie konkludent und unmissverständlich ihren Willen bekundet, dass das Fertigen von Lichtbildaufnahmen von ihrem Einverständnis gedeckt ist. Das haben die Kläger bei ihrer informatorischen Anhörung durch das Gericht auch so bestätigt. Gleichfalls haben die Kläger angegeben, dass es klar gewesen sei, dass die Fotos für den Hausverkauf gedacht waren. Insofern haben die Kläger ihre Einwilligung auch in dem Wissen abgegeben, dass die Lichtbildaufnahmen Dritten im Rahmen des Verkaufs der streitgegenständlichen Immobilie, mithin für einen bestimmten Fall, zugänglich gemacht werden, was insoweit auch der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht. Sie haben daher auch in informierter Art und Weise in die Erstellung von Lichtbildaufnahmen eingewilligt. Die Kläger haben mithin in die Erhebung und Nutzung von Lichtbildaufnahmen als personenbezogenen Daten eingewilligt.
Trotz der Einwilligung der Kläger hat die Beklagte - unabhängig von der im Streit stehenden Belehrung der Kläger über eine entsprechende Datenverarbeitung - jedenfalls nicht über die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit der Kläger in die Datenverarbeitung nach Art. 7 Abs. 3 S. 3 DSGVO belehrt. Zwar hat der Zeuge ... angegeben, er habe darüber belehrt, dass die Kläger die Fertigung von Lichtbildaufnahmen des Inneren der Immobilie auch verweigern könnten. Hierin ist jedoch, ohne dass es auf die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen ... oder dessen Glaubwürdigkeit ankäme, keine ausreichende Belehrung zu erblicken, da die Belehrung lediglich dahin ging, dass die Kläger die Anfertigung der Lichtbildaufnahmen vor deren Erstellung verweigern können, jedoch nicht, dass auch eine nachträgliche Abstandsmöglichkeit zu jedem Zeitpunkt gegeben ist.
Aus diesem Verstoß folgt jedoch nicht, wie dies in der Literatur teilweise vertreten wird, dass die Einwilligung der Kläger als von Anfang an unwirksam anzusehen wäre bzw. die Einwilligung infolge einer teleologischen Reduktion ex tunc als unwirksam zu sehen sei (Steinrötter, a.a.O., Rn. 29; jedenfalls für den Fall, dass vor Beginn der Datenverarbeitung keine Belehrung erfolgt Klement, in: Simitis/Hornung/Spiecker, Datenschutzrecht, 1. Aufl. 2019, Rn. 95). Insofern ist das Gericht der Ansicht, dass es sich bei der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht trotz der Überschrift der Norm mit "Bedingungen für die Einwilligung" nicht um eine echte Wirksamkeitsvoraussetzung der Einwilligung handelt (Ernst, ZD 2020, 383; Buchner/Kühling, Kühling/Buchner, DS-GVO BDSG 4. Aufl. 2024, Art. 7 Rn. 40b). Denn gerade im Hinblick auf Art. 7 Abs. 2 DS-GVO, der eine ausdrückliche Rechtsfolge bei Verstoß gegen das Trennungs- und Transparenzgebot vorsieht, ist eine solche Rechtsfolge im Rahmen des Art. 7 Abs. 3 DS-GVO gerade nicht benannt (Heckmann/Paschke, in: Ehmann/Selmayr, Datenschutz-Grundverordnung, 3. Aufl. 2024, Art. 7 Rn. 94; Ernst, a.a.O.). Zudem würde bei anderweitiger Annahme die explizit in Art. 4 Nr. 11 DS-GVO vorgesehene Möglichkeit der konkludenten Einwilligung auf diesem Wege jeder praktischen Möglichkeit beraubt (so auch Ernst, a.a.O.), was von Seiten des Gesetzgebers nicht gewollt sein kann. Daneben bestünde außerdem die Gefahr, die Einwilligungserklärung derart zu überfrachten, dass die Gefahr eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des Art. 5 Abs. 1 lit. a) DS-GVO bestünde, was wiederum die Unwirksamkeit der Einwilligung nach sich ziehen würde. Unter weiterer Berücksichtigung der Folgen in Bezug auf die in der Vergangenheit abgegebenen Einwilligungserklärungen, die so gut wie nie entsprechende Belehrungen über das Widerrufsrecht enthielten und mithin insgesamt unwirksam wären (Ernst, a.a.O.), ist das Gericht mithin zu der Auffassung gelangt, dass die von den Klägern erteilte Einwilligung auch weiterhin wirksam ist.
(2) Die Beklagte hat auch nicht gegen die Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 lit. b), Abs. 2 DS-GVO i.V.m. Art. 19 S. 1 DS-GVO verstoßen.
Die Beklagte hätte zwar grundsätzlich den geltend gemachten Löschungsanspruch bislang nicht vollständig erfüllt. Denn der Zeuge ... hat zwar - insoweit übereinstimmend mit der Zeugin ... - angegeben, die streitgegenständlichen Lichtbildaufnahmen seien nach anwaltlichem Schreiben vom 12.01.2023 umgehend aus dem Immobilienportal I. ... und nach weiteren Angaben des Zeugen ... darüber hinaus auch auf den bei der Beklagten befindlichen Computern gelöscht worden. Es blieb allerdings ungeklärt, ob der die Lichtbildaufnahmen anfertigende Zeuge ... diese auch aus der I-Cloud seines I-Phones gelöscht hatte bzw. nicht angeben konnte, ob er diese überhaupt nutzt. Ob insofern eine Löschung erfolgte, die den Anforderungen des Art. 17 DS-GVO entspricht, der eine Löschung derart erfordert, dass weder der Verantwortliche noch ein Dritter auf vorhandene Daten zugreifen und diese auslesen oder verarbeiten kann (Worms, in: Wolff/Brink/v.Ungern-Sternberg, BeckOK Datenschutzrecht, 47. Edition, Stand: 01.08.2023, Art. 17 Rn. 55; Herbst, in: Kühling/Buchner, a.a.O., Art. 17 Rn. 37), was zudem für alle Datenträger und auch Sicherungskopien gilt (Herbst, a.a.O., Rn. 42; Worms, a.a.O., Rn. 55), konnte daher auch durch die Einvernahme der Zeugen nicht bestätigt werden. Zudem wäre die Beklagte auch nicht ihrer Pflicht aus Art. 17 Abs. 1 lit. b) i.V.m. Art. 19 S. 1 DS-GVO nachgekommen, da sie den Immobilieninteressenten als Empfängern i.S.v. Art. 19 S. 1 i.V.m. Art. 4 Nr. 9 DS-GVO, denen ein ausgedrucktes Exposé im Rahmen der Besichtigung der Immobilie ausgehändigt worden ist, keine Mitteilung über die Löschung der streitgegenständlichen Lichtbildaufnahmen gemacht hat, was - nach Schätzung des Zeugen ... auf zehn bis fünfzehn Interessenten - auch nicht mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden gewesen wäre.
Ein Löschungsanspruch der Beklagten besteht jedoch nicht, da bislang kein wirksamer Widerruf der erteilten Einwilligung erfolgt ist. Denn gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. b) DS-GVO ist der Verantwortliche nur dann verpflichtet, die personenbezogenen Daten eines Betroffenen unverzüglich zu löschen, wenn dieser seine erteilte Einwilligung widerruft und es an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung fehlt. An eben jener Widerrufserklärung fehlt es insoweit.
Denn vorliegend geht aus den dem Gericht von Klägerseite selbst vorgelegten Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten (Anlagen K3, K5 und K7) sowie aus dem Inhalt der Klageschrift nicht hervor, dass die Kläger den Widerruf ihrer Einwilligung tatsächlich erklärt haben bzw. diesen erklären wollten. Es wurden mit den entsprechenden Schreiben sowie auch mit der Klageschrift lediglich Auskunftsansprüche geltend gemacht sowie die Vorlage einer Einwilligungserklärung verlangt. Die Geltendmachung einer Auskunft ist dabei bereits vom Wortlaut her nicht gleichbedeutend mit der Erklärung eines Widerrufs und es ist auch nicht zwingende Folge der Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs, dass nachfolgend ein Widerruf erklärt wird. Vielmehr kann auch nach erteilter Auskunft von der Erklärung eines Widerrufs Abstand genommen werden. Zudem kann gerade im Hinblick auf die anwaltliche Vertretung der Kläger in der Geltendmachung der vorbenannten Auskunfts- und Vorlageansprüche auch nicht konkludent eine Widerrufserklärung gesehen werden. Dass die Beklagte bereits nach Erhalt des klägerischen Schreibens vom 12.01.2023 davon ausgegangen ist, dass die Kläger den Widerruf der Einwilligung erklärt haben und infolge dessen dann davon ausgegangen ist, es bestünde ihrerseits die Pflicht, die gefertigten Lichtbildaufnahmen zu löschen, führt ebenfalls nicht zu einer wirksamen Widerrufserklärung der Kläger. Zwar schadet es nach den Grundsätzen der "falsa demonstratio non nocet" nicht, wenn Erklärender und Erklärungsempfänger übereinstimmend von einem bestimmten Erklärungsinhalt ausgehen, der tatsächlich gar nicht erklärt worden ist. Diese Grundsätze sind vorliegend jedoch nicht anwendbar, da Klägerseite sowohl mit ihren außergerichtlichen Schreiben als auch mit der Klageschrift überhaupt keinen Widerruf erklären wollte, da ein solcher nach Auffassung der Klägerseite mangels Einwilligung gar nicht mehr erklärt werden musste. Mithin fehlt es in der vorliegenden Konstellation an einem übereinstimmenden Erklärungsinhalt der Parteien. In der Folge bleibt festzustellen, dass die Kläger keinen wirksamen Widerruf ihrer konkludent erteilten Einwilligung erklärt haben.
Eines Hinweises des Gerichts nach § 139 Abs. 2 S. 1 ZPO bedurfte es diesbezüglich nicht, da selbst ein nunmehr erklärter Widerruf lediglich Wirkungen ex nunc entfalten würde und dadurch kein vergangenheitlicher Verstoß der Beklagten gegen Art. 17 DS-GVO begründet werden könnte.
b) Es fehlt darüber hinaus an einem materiellen Schaden der Kläger.
Hinsichtlich des Verstoßes gegen Art. 7 Abs. 3 S. 3 DS-GVO scheitert der von Klägerseite geltend gemachte Anspruch auf Schmerzensgeld bereits daran, dass der Verstoß nicht kausal für den behaupteten Schaden der Kläger war. Denn für das Vorliegen von Kausalität hätte es der Darlegung bedurft, dass die Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hätten, wären sie von der Beklagten über das Bestehen eines solchen ordnungsgemäß belehrt worden. An entsprechendem Vortrag hierzu fehlt es gänzlich. Eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedurfte es zudem nicht, da unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2024 gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein Widerruf tatsächlich früher erklärt worden wäre. Denn die Kläger gaben insofern an, dass sie bei Fertigung der Lichtbildaufnahmen sowohl mit deren Erstellung als auch mit deren nachträglicher Nutzung zu Zwecken des Hausverkaufs einverstanden gewesen seien und dass sie erst nach Ansprache von mehreren, sowohl bekannten als auch ihnen unbekannten Personen über die Einsichtnahme Fremder in ihre Wohnräumlichkeiten erschrocken gewesen seien. Insofern ist der maßgebliche Anlass für den Entschluss der Kläger, von der Veröffentlichung der Lichtbildaufnahmen ihrer Räumlichkeiten Abstand zu nehmen, die Ansprache durch Dritte auf ihre Wohnsituation, weshalb bis zu diesem Zeitpunkt ein Widerruf ohnehin nicht erfolgt wäre. Darüber hinaus ist jedoch auch nicht ersichtlich, welcher spezifische Schaden den Klägern gerade aus der verspäteten - tatsächlich nicht erfolgten - Erklärung des Widerrufs entstanden sein soll.
Unabhängig davon haben die Kläger jedoch letztlich auch nicht dargelegt, dass ihnen überhaupt ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Nach jüngster Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs reicht es insofern nicht aus, dass ein bloßer Verstoß des Verantwortlichen gegen die Vorschriften der DS-GVO vorliegt, da das Vorliegen eines materiellen oder immateriellen Schadens nach dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO ebenso Voraussetzung für das Vorliegen des Schadensersatzanspruches ist (EuGH, Urteil vom 11.04.2024, Az. C-741/21; vorangehend auch schon EuGH, Urteil vom 04.05.2023, Az. C300/21).
Mithin bedarf es der schlüssigen Darlegung eines über den Datenschutzverstoß hinausgehenden immateriellen Schadens in Form einer persönlichen und/oder psychologischen Beeinträchtigung aufgrund des entsprechenden Datenschutzverstoßes. Bei persönlichen und psychologischen Beeinträchtigungen handelt es sich, soweit - wie hier - keine krankhaften Störungen behauptet werden, um innere Vorgänge. Auf das Vorliegen innerer, dem Beweis nur eingeschränkt zugänglicher Tatsachen kann dabei nur mittelbar aus in der Regel auf äußeren Tatsachen basierenden Indizien geschlossen werden. Mit Blick auf die subjektiven Folgen eines Datenschutzverstoßes im Einzelfall ist es deshalb ausreichend, aber auch erforderlich, dass der Betroffene Umstände darlegt, in denen sich seine erlebten Empfindungen widerspiegeln, und dass nach der Lebenserfahrung der Datenschutzverstoß mit seinen Folgen Einfluss auf das subjektive Empfinden hat (OLG Hamm, Urteil vom 15.08.2023, Az. 7 U 19/23 m.w.N.).
Im Hinblick hierauf fehlt es an einer hinreichenden Schadensdarlegung durch die Kläger. Die Angaben der Klägerseite, sie seien durch die Veröffentlichung der Fotos sozusagen "demaskiert" worden, weshalb ein diffuses Gefühl des Beobachtetseins entstanden sei, reicht in dieser pauschalen Form zur Darlegung persönlich belastender Folgen der Datenschutzverletzung nicht aus, weil hiermit nicht genug Beweisanzeichen objektiver Art vorgetragen sind, in denen sich entsprechende Gefühle der Kläger, die zudem nicht einmal ansatzweise beschrieben sind, widerspiegeln (vgl. zum Erfordernis eines konkreten Vortrags zum immateriellen Schaden bei behaupteten Verstößen gegen die DS-GVO (hier in Bezug auf Scraping-Fälle) etwa OLG Bremen, Beschluss vom 16.07.2021, Az. 1 W 18/21; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Stuttgart, Urteil vom 22.11.2023, Az. 4 U 20/23; OLG Köln, Urteil vom 07.12.2023, Az. 15 U 108/23; OLG Dresden, Urteil vom 05.12.2023, Az. 4 U 1094/23). Diesbezügliche Bedenken hatte das Gericht unter in Bezug genommener Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2024 auch im Rahmen der Erörterung mit den Parteien geäußert. Dass dies keinen Eingang ins Protokoll gefunden hat, beruht lediglich auf einem Versehen.
3. Aufgrund fehlender Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Zinsen oder den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
...
Der Streitwert wird auf 5.100,00 Euro festgesetzt.